Das Spiel vom Spiel!

Wie komme ich aus einer unliebsamen Situation bestmöglich raus? Immer nach dem Motto: Sicheres Auftreten bei vollkommener Ahnungslosigkeit.

Ein guter Freund stellte mir vor kurzem eine interessante Frage:

“Was mach ich denn eigentlich wenn ich auf einem Firmenfest bin und mich ein vermeintlicher “Weinkenner” fragt wie ich den Wein finde”

Die Frage ist wirklich gar nicht so einfach. Ein “schmeckt mir” wirkt schnell einfältig. Gerade auf Firmenevents will ich ja gerade eloquent und schlau wirken.

Ein Crashkurs in Weinbeschreibung wollte ich meinem Freund nicht zumuten. Er mag Wein, macht aber keine Wissenschaft daraus – finde ich ehrlich gesagt sehr sympathisch.

Ich grübelte…die Gesprächspause wurde unnatürlich lang.

“Spiel! Sag einfach, das Spiel des Weins gefällt dir sehr gut. Dann mach dich aus dem Staub oder wechsle das Thema.”

Zugegeben es war schon spät am Abend und mehr als eine Flasche Wein war bereits leer. Entsprechend lief das Gespräch dann ab.

Hä?!” Zu Recht war mein Kumpel verwirrt. Ich erklärte ihm was unter Spiel verstanden wird. Also das Zusammenwirken von Säure und Süße.

Aber warum gerade dieser Ratschlag:

Jeder Wein hat ein Spiel. Säure und Süße finden sich in jedem Wein wieder. Das Pendel schlägt mal in die eine, mal in die andere Richtung aus. Falsch liegt man also nie so richtig. Selbst wenn der Wein knochentrocken ist, dann ist die Säure eben dominant. Zur Not öffnet ihr es ein wenig und erfreut euch am schönen Spiel der Aromen. Guter Wein sollte niemals eindimensional sein, das macht gerade den Reiz aus. Bei einem Spätburgunder spielen dann eben fruchtige und würzige Aromen miteinander, das wird euch zumindest keiner widerlegen können.

Peinlich wäre es hingegen was von Barrique zu faseln und der Wein kommt aus dem Stahltank. Kennt man den Wein nicht, sind auch Phrasen wie Terroir oder Typizität ein Minenfeld. Bei Mineralität rennt ihr ggfs in einen unerbittlichen Meinungskrieg.

Eigentlich bin ich ein Freund von Ehrlichkeit und finde es auch vollkommen in Ordnung zu sagen, dass der Wein „schmeckt“. Solltet ihr aber mal nicht anders können, dann wäre es ein Versuch wert vom Spiel zu schwärmen. Wer vom Spiel des Weines spricht, der kennt sich mit Wein aus und hält sich doch bedeckt. Das anerkennende Nicken des „Weinkenners“ gibt euch genug Zeit für die Flucht.

Ich bin mal gespannt wie sein Praxistest verläuft. Mein Praxistest verlief jedenfalls ganz vorzüglich:

Weingut St. Antony (Rheinhessen) – Nierstein Paterberg – Spätburgunder Großes Gewächs – 2015

So langsam kann ich mein Faible für deutsche Spätburgunder wohl nicht mehr leugnen, aber mich fasziniert einfach die Vielschichtigkeit dieser Weine. Eindimensional ist hier gar nichts. Vielleicht liegt es am Jahrgang, aber bereits die Nase ist unglaublich dicht und intensiv. Sauerkirsche in inniger Umarmung mit würzigen Aromen, da will man eigentlich gar nicht stören. Ich könnte ewig daneben sitzen und einfach nur den Duft genießen.

Am Gaumen geht das Aromenspiel weiter, ein Paradebeispiel für Vielschichtigkeit. Es ist nicht einfach Sauerkirsche was da durchkommt. Himbeere und Brombeere sind auch mit von der Partie. Wie selbstverständlich mischen sich Minze und Kräuter in das Spiel ein. Mineralische salzige Noten bringen zusätzliche Eleganz. Die Tannine sind geschliffen, fast etwas mürbe. Durch die harmonische Säure wird das Ganz zusammengehalten, wirkt frisch und lebendig. Im Abgang hallen die Aromen noch lange nach.

Eine besondere Stilistik und ein wahnsinniges Zusammenspiel der verschiedenen Aromen.

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